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Interview mit Büne Huber

Der Mann, der uns mit seiner unverwechselbaren Songschreibe seit bald 25 Jahren neue Welten auftut, wird am Samstag das Waldbühne-Tobel in einen Schmelztiegel verwandeln. Werden Büne Huber und das Meccano Destructif Commando das Publikum verzaubern? Gnadenlos rocken? Und für mindestens einen Moment so fühlen lassen, als ob wir nicht alleine wären auf dieser Welt? Ja, ja und ja. Wer den Berner live erlebt hat, weiss, dass man am Ende seiner Konzerte immer ein bisschen näher beieinander steht. Ob das nun die Gefühle sind, oder das Gefälle – vor der Waldbühne habt ihr immer eine gute Ausrede zur Hand, wen eben diese sich im Taumel der Emotionen verirrt hat.

Zwei Tage vor der Show sind wir mit Büne auf Tuchfühlung gegangen und haben ihn im Waldbühne-Backstage auf ein paar Fragen und ein Glas Wein getroffen.

Du bist ein beliebter Interview-Gast und seit über 20 Jahren im Rampenlicht. Wirst du nicht müde davon, immer wieder die gleichen Fragen beantworten zu müssen?

Nein, es gehört zum Job und ich lasse mich gerne darauf ein. Und es gibt immer wieder erstaunliche Erlebnisse mit ganz jungen Leuten, die neu sind im Business. Da müssen gewisse Fragen einfach nochmal gestellt werden, weil sie den Anfang unserer Musik nicht erlebt haben. Sie bringen aber auch einen anderen Ansatz mit ins Gespräch. Ich finde das verblüffend und diese neue Energie und neue Generation gefällt mir. Ähnlich verhält es sich auch mit der Waldbühne – für mich ist das die wichtigste Bühne hier. Die Bands, die auf der Waldbühne auftreten interessieren mich am meisten. Das hat natürlich mit der Schweiz zu tun, mit dem Kulturkreis, aber hier findest du wirklich talentierte Musiker, die in ihren Anfängen stecken. Und wie jemand an seine Musik herangeht, das finde ich spannend. Auch wenn wir selbst auf Tournee sind, die ersten Auftritte sind so shaky und unsicher, auch nach 25 Jahren noch. Die ersten Konzerte einer Tour sind vielleicht nicht die besten, aber die spannendsten, weil wir noch nicht ganz da sind, wo wir sein sollten. Und das ist auf der Waldbühne ganz oft genau so. Da findest du extrem gutes Zeugs, das noch nicht ganz angekommen ist, das finde ich geil.

Du kollaborierst gerade auch mit dieser jüngeren Generation von Schweizer Künstlern ganz gerne, ob das nun Tsigan ist oder Steffe La Cheffe…ist das deine Art, dich in anderen Genres auszuleben? Du könntest theoretisch ja auch ein Ochsner-Album aufnehmen, dass eine komplett neue Richtung einschlägt?

Hm, nein…es geht mehr darum, dass der Hip Hop im Speziellen vieles ermöglicht, das anderswo nicht funktioniert. Da gibt’s einerseits die Battles und das kompetitive Element, und andererseits das Kooperieren. Wenn du ein guter Gitarrist bist, hast du immer Jobs in anderen Bands. Wenn die Ochsners eine Tourpause machen, kann Menk Saxophon spielen, wo auch immer er will. Und die Hip Hop-Kultur ermöglicht das [für Sänger], die nehmen Leute wie mich. Die meisten Bands wollen nicht den Gitarristen Huber auf der Bühne, der dann vielleicht die Show stiehlt, weil er halt ein alter Fettsack ist, den man schon lange kennt. Im Hip Hop ist das anders, da steht mein Hintergrund nicht im Weg, da holt man mich auf die Bühne gerade weil ich der bin, der ich bin. Im Rock/Pop nimmt man den Huber nicht als Gitarrist, da kann ich einfach nicht andocken. Ich würde extrem gerne zweite Gitarre spielen in einer Band, einfach so im Halbschatten, die anderen würden die Show machen und ich wäre einfach nur ein Teil des Ganzen.

Du spielst die erste Gitarre (oder Geige) wohl einfach zu gut… Du weisst ja, dass ich mit Patent Ochsner aufgewachsen und ein ganz grosser Fan bin. Ich habe mir immer wieder überlegt, was es genau ist, das Patent Ochsner ausmacht. Mir persönlich hat die Melancholie, die du musikalisch und sprachlich ausdrückst, immer entsprochen, aber das alleine kann es nicht sein. Ihr hattet immer eine ausgesprochen loyale Fangemeinde – mehr, als man das von anderen Bands kennt. Weisst du, woran das liegt?

Ich erhalte viele Briefe und Post von Fans, kann mir da also schon ein ziemlich genaues Bild machen. Ich glaube, es hat viel mit Sprache zu tun und Sprachbildern, und vielleicht auch mit einer Figur. Ich strahle wahrscheinlich für viele Leute etwas aus, ich bin ein empathischer Mensch. Ich kann mir das nicht aussuchen, mich interessieren Leute und ihre Geschichten. Und das spürt man wahrscheinlich. Aber es hat natürlich auch etwas damit zu tun, dass ich meine Texte nicht so im Stil schreibe von – heute Morgen bin ich um Sieben aufgestanden, dann bin ich rausgegangen, und es hat geregnet, und danach hab ich das gemacht, und das und dann kommt der Refrain. Ich suche andere Sprachräume. Und ich hab eine melancholische Ader und die findet Ausdruck in den Texten, aber ich glaube, dass unsere Musik und Texte auch Räume öffnen, die du selber füllst. Räume, die dich herausfordern, deine eigenen Bilder zu verwenden. Es ist eine Art von Musik und Lyrik, mit der ich selbst in Berührung kam als ich 16, 17 war. Das war vorallem Dylan, dann später Patti Smith. Beide sind mit Worten einfach anders umgegangen, nicht so pragmatisch. Wenn ich einen Songtext höre, den ich beim ersten Anlauf sofort verstehe, dann denke ich mir “na, super!”. Das kann man ja schon so machen, aber wir haben ja eigentlich Journalisten, die uns die Welt erklären und Bericht erstatten. Ich will in den Bildern, der Sprache, den Emotionen so herausgefordert werden, als würde ich Drogen fressen. Sprache kann wie Drogen wirken – du hast plötzlich andere Räume, andere Farben und andere Intentionen im Leben.

Ja, du bietest mit deinen Liedern ganz klar den Raum für Interpretation, das ist ganz sicher so. Für mich hast du aber auch eine Sprache gefunden für die ganz rudimentären Themen im Leben, die uns alle verbinden, für die den meisten aber die Worte fehlen…

Vielleicht, das weiss ich wirklich nicht. Ich versuche natürlich immer auch eine Balance zu finden… in meiner privaten Welt gibt es Dinge, die mich ganz tief berühren, Dinge, die ich mir nicht ausgesucht habe, die mich geformt und geprägt haben. Und es zieht mich halt vielleicht auch stärker zu entsprechenden Themen, aber ich will ja auch keine Spassbremse sein. Und trotzdem, die tiefere Ebene ist mir wichtig. Es ist mir wichtig, dass man merkt, wir sind gebrochene Menschen. Wenn wir 50 werden, sind wir gebrochene Menschen – da kannst du machen, was du willst. Du kannst gut leben, aber deine Geschichte hinterlässt Spuren. Und das finde ich schön.

Interview: Lorena Blattner