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Neue TV-Serie "Hawthorne" Schwester, Ihr Kittel sitzt nicht!

Kittelhelden haben Konjunktur: Ob "Grey's Anatomy" oder "Dr. House", die Heiler-Serien garantieren gute Quoten. Ob aber ProSiebens neues Krankenschwestern-Epos "Hawthorne" den Pulsschlag zu erhöhen vermag, erscheint fraglich - trotz einer glamourösen Hauptdarstellerin.
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TV-Serie "Hawthorne": Nichts Neues unterm Kittel

Foto: TNT

Vergessen Sie "Grey's Anatomy"! Zumindest, wenn Sie die neue US-Krankenhausserie "Hawthorne" antesten. Gibt es bei Meredith Grey und ihren Skalpell-Gefährten am Seattle Grace Hospital Drama und Pathos ohne Ende, so regiert in der Welt von Krankenschwester Christine Hawthorne im Richmond Trinity eher grauer Alltag: Grabenkämpfe zwischen Götter-Ärzten und aufrechten Pflegern, vollkornbrotige Dramaturgie mit Sozial-Touch. Auch die smarte Jada Pinkett Smith als selbstbewusster Schwestern-Act bringt das Blut nicht so recht in Wallung: Zumindest der Pilotfilm dümpelt pointenarm vor sich hin.

Dabei stimmen die Zutaten der neuen ProSieben-Serie. Schwester Christina ringt als Witwe und Alleinerziehende mit Jobstress und einer megärenhaften Schwiegermutter, mit arroganten Ärzten und einer kostenbewussten Krankenhausleitung. Dazu nagen an ihr depressive Verstimmungen und latenter Lebensfrust; eine verpasste Karriere als Vollmedizinerin. Symbolhaft bewahrt Schwester Hawthorne die Asche ihres verstorbenen Mannes in der Wohnung auf und schickt kleine Portionen davon mit einem Lampion gen Himmel: morbid und romantisch, ein melancholischer Mix.

Ironiefreie Zone

Das Tempo zum Serienstart ist rasant: Ohne langes Intro schnurrt die Handlung los, man meint, bereits 20 Folgen gesehen zu haben, als der erste Notfall im Richmond Trinity losbricht. Doch die Drama-Routine, die sich wenig Zeit zur Entwicklung der Charaktere nimmt, mündet schnell in erwartbaren Klischees, die eben diesem Tempo geschuldet sind. Natürlich entpuppen sich die Herrschenden (also: die Ärzte) rasch als saloppe Schnösel, die ihre Fehler aufs subalterne Personal abwälzen. Natürlich sind Hawthornes brave Kollegen die wahren Helden, und natürlich stehen kaufmännische Zwänge im Widerstreit zu menschlicher Größe. Und nebenbei wird das Neugeborene einer Obdachlosen gerettet.

Es ist ein enges, bedrückendes Haus, in dem Hawthorne für ihre Kranken kämpfen muss, keine Spur von der luxuriösen Weite des Seattle Grace von "Grey's Anatomy". Deren Kampfruf "Ein guter Tag, um Leben zu retten"? Hier unvorstellbar.

Das alles müsste gar keine Schwäche sein, aus diesen Konstellationen könnte man ironische und sozialkritische Funken schlagen, das Katastrophen-Szenario eines Krankenhauses bietet dazu ja alle Möglichkeiten. Doch dazu konnten sich die Macher der Serie nicht recht durchringen: Weder Dialoge noch Situationen weichen von den Standards konventioneller Siechen- und Heiler-Serien ab.

Tristesse trotz Glamour-Schwester

Überhaupt ist es ja eine eher zweifelhafte Entscheidung, dass ProSieben ausgerechnet diese Serie ins Programm hebt, denn in den USA stieß sie nach ihrem Start 2009 auf eher verhaltenes Kritiker-Echo. Und das trotz der Jada Pinkett-Smith in der Titelrolle, die bereits mit achtbaren Leistungen in der "Matrix"-Trilogie, "Collateral", "Ali" oder auch "The Women" Leinwandqualitäten zeigte - und als Gattin von Kinostar Will Smith für den nötigen Glamour-Faktor bürgt.

Keine Konkurrenz also für den derzeitigen Weiß-Gott "Dr. House", dessen Pillen-Sucht und Griesgrämigkeit den Nerv des TV-Publikums im Moment am besten trifft. Aber da serienübergreifende Gastspiele beliebte Varianten sind, könnte man sich ein Duell der beiden lebhaft vorstellen. Keine Frage, diese Krankenschwester braucht andere Herausforderungen! In den USA lief ja erst eine Saison - da geht vielleicht noch was.


"Hawthorne", ProSieben, 22.15 Uhr

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