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Günther-Koch-CD Jetzt knallt's gleich

Auf einer CD haben Musiker der verschiedensten Stilrichtungen die Kommentare von Reporter-Legende Günther Koch bearbeitet. Herausgekommen ist eine außergewöhnliche Huldigung der Radioreportage.
Von Jörg Schallenberg

"Hallo, hier ist Nürnberg, wir melden uns vom Abgrund." So tönte es mit Grabesstimme am letzten Spieltag der Saison 1998/99 in der berühmtesten und dramatischsten Schlusskonferenz der Bundesliga-Geschichte aus dem Radio.


Die Stimme Frankens


Im Frankenstadion saß Günther Koch vor dem Mikrofon und konnte es hörbar nicht fassen, dass sein heißgeliebter "Club" den sicher geglaubten Klassenerhalt noch vergeigte. "Ich pack das nicht. Ich halt das nicht mehr aus. Ich will das nicht mehr sehen", wimmerte er schließlich ins Mikrofon, und wer irgendwo draußen im Lande zuhörte, wusste, dass da kein gewöhnlicher Reporter in der üblichen künstlichen Aufregung kommentierte.

Günther Koch, 59, genannt "die Stimme Frankens", verkörpert zumindest für den Süden Deutschlands das, was Werner Hansch für den Westen war, bevor er auf Sat.1 witzig sein musste. Er leidet, egal ob in Nürnberg, bei 1860 oder beim FC Bayern, stellvertretend für die Fans mit, aber das unglaublich virtuos, voller Wortwitz, Eigensinn und mit der nötigen professionellen Distanz an der richtigen Stelle.


Faszinierendes Sammelsurium


Kochs unnachahmliche, selten atemlose Rhythmik, sein dunkles Timbre, seine Wortschöpfungen und seine fast kindliche Begeisterung für wunderbare Tore haben jetzt eine ganze Reihe Musiker und DJs von den Sparks über FM (in diesem Falle natürlich FC) Einheit und DJ Hell bis zu den Sportfreunden Stiller inspiriert, die Kochs Vorlagen zu insgesamt zweimal elf Stücken verwertet haben. Das Ergebnis erscheint an diesem Mittwoch (Veröffentlichungsparty mit Günther Koch und Musikern: 7. März 2001, 21 Uhr, t.u.b.e., Einsteinstr.2 , München) auf der Doppel-CD "Günther Koch revisited - voll in den Mann" (ab 19. März im Handel), die unter Mitwirkung einer Plattenfirma namens "Strunz" entstanden ist, Firmensitz: kurz vor München.

Es ist ein faszinierendes Sammelsurium, das auf dieser CD zusammengekommen ist. Die Sparks haben im fernen Beverly Hills aus dem Reiz von Wörtern wie "Wun-der-bar" oder Kochschen Kreationen wie "Ding-dang-dong" - wenn es dann im Kasten geklingelt hat - ein schönes "Concerto in Koch Minor" kreiert. Dead City Radio nehmen den Ausruf: "Jetzt knallt's gleich" als Anstoß für eine rasante Punknummer. Die Hip-Hop-Fraktion von Funkstörung sampelt und mixt Kommentarfetzen als instrumentale Elemente. Die Sportfreunde Stiller unterlegen ganze Abschnitte aus einem Bayern-Spiel mit sanftem elektronischem Beat und der Zeile: "Das ist alles möglich", die das ganze Projekt wohl am Besten beschreibt.


Poesie der banalen Radioreportage


Zwischen vielen Experimenten, harten Beats und Remixen aller Art stechen besonders die beiden ruhigen Wortstücke von Jennifer Minetti heraus, die etwa Kochs umständliche, aber treffende Beschreibung des unmöglichen "Phantomtors" von Thomas Helmer im Spiel Bayern gegen Nürnberg im Tonfalle der versierten Hörbuch-Erzählerin nachspricht. Hier wird die ganze Poesie der banalen Radioreportage deutlich, so wie sich im Laufe der CD, trotz weniger Durchhänger, die packende Faszination des Mediums auf einer ungekannten Ebene widerspiegelt. Damit zurück ins Studio.

Vom 14. März bis 25. April 2001 sind Ausschnitte von "Voll in den Mann" jeweils Mittwoch ab 16.05 Uhr auf Bayern 2 im Radio zu hören (zu empfangen über Antenne, Kabel oder Satellit).

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